Anders ist weder besser noch schlechter
- Meike Parker
- 11. Nov.
- 3 Min. Lesezeit

Zwischen Klugscheißerei, Empathie und echtem Wachstum
Neulich habe ich eine Online-Weiterbildung gemacht – zum Thema, wie man ein guter Coach für ADHS-Menschen ist. Der Kurs wurde von jemandem mit ADHS angeboten und richtete sich an Coaches, die bereits Erfahrung haben und nun auch ADHS-Klient:innen begleiten wollen. Soweit, so spannend. Aber – oh boy – ich bin wirklich stolz auf mich, dass ich ihn durchgezogen habe. Denn der Kurs war… schwierig.
Als jemand, die selbst seit Jahren Trainings konzipiert und durchführt, bin ich vielleicht überkritisch. Aber selbst wenn ich all meine didaktische Pingeligkeit abziehe, bleibt: Der Kurs war unstrukturiert, voller Anekdoten, die nur manchmal zum Punkt führten, und insgesamt einfach nicht rund. Nicht Fisch, nicht Fleisch.
Also habe ich Feedback gegeben – freundlich, ehrlich, konstruktiv:„Es ist nicht immer klar, an wen sich der Kurs richtet. Deine Gedanken sind wertvoll, aber schwer zu folgen. Hier sind ein paar Ideen, wie du es klarer machen könntest…“
Er hat mir teilweise zugestimmt, teilweise nicht – was völlig okay ist. Feedback heißt ja nicht: Mach’s so wie ich. Es heißt: Schau mal aus meiner Perspektive drauf.
Und dann fragte er mich:„Ich hab noch einen anderen Kurs – magst du den auch mal reviewen?“
Die tricky Balance zwischen hilfreich und übergriffig

Der zweite Kurs richtet sich an neurotypische Partner:innen von ADHS-Menschen. Beim
Durcharbeiten merke ich wieder, wie schmal dieser Grat ist: zwischen „Das ist nicht gut gemacht“ und „Aber es ist trotzdem sein Stil, seine Stimme.“
Ich könnte den Kurs wahrscheinlich schneller neu schreiben (didaktisch sauber, strukturiert), als ich brauche um konstruktives Feedback mit konkreten Vorschlägen zu machen. Aber dann wäre es mein Kurs.Und nicht mehr seiner.
Diesen Mittelweg zu finden, kenne ich auch aus dem Coaching: Ich weiß vieles über ADHS, über Strategien, Routinen, Tools. Aber ich bin nicht mein Gegenüber.
Ich bin nicht die alleinerziehende Mutter mit drei Jobs. Ich bin nicht der 22-Jährige, der noch bei seinen Eltern wohnt und jeden Tag mit seinem Selbstwert kämpft.Ich bin auch nicht derjenige, der gerade erst verstanden hat, dass das Chaos im Kopf einen Namen hat.
Ich bin in vieler Hinsicht privilegiert. Ich habe einen Partner, der mich – ohne es zu merken – oft mitreguliert: Wir haben geregelte Mahlzeiten, einen Rhythmus, eine faire Aufgabenverteilung. Das ist ein riesiger Vorteil – und das weiß ich.
Meine Klient:innen sind nicht ich.Und meine Strategien sind vielleicht nicht ihre.
Coaching heißt: Gemeinsam herausfinden, was funktioniert
Meine Aufgabe ist es nicht, zu sagen: „Mach’s so wie ich, dann klappt’s schon.“ Sondern: „Lass uns gemeinsam herausfinden, was für dich funktioniert.“
Das ist der eigentliche Wert eines guten Coachings: Nicht das reine Wissen, sondern die Fähigkeit, Wissen in individuelle Strategien zu übersetzen. Nicht das Patentrezept, sondern die Methodik, mit der man eigene Lösungen findet.
Ich bringe die Struktur, das Know-how, die Fragen – aber die Antwort liegt immer beim Klienten oder der Klientin selbst. Und genau diese kreative, partnerschaftliche Arbeit liebe ich.
Und manchmal brauche auch ich Feedback

Natürlich gelingt mir diese Balance nicht immer. Manchmal schieße ich übers Ziel hinaus, manchmal bin ich zu vorsichtig. Dann brauche ich das ehrliche Feedback meiner Klient:innen:„Nein, Meike, so funktioniert das für mich nicht.“Und das ist gut so.
Denn Coaching ist keine Einbahnstraße.Es ist ein gemeinsamer Lernprozess.
Fazit
Mir ist in diesen letzten Wochen wieder klar geworden:„Anders“ ist weder besser noch schlechter. Es ist einfach anders. Und das gilt für meine Klient:innen genauso wie für Kolleg:innen, deren Kurse ich reviewe.
Am Ende zählt, dass wir voneinander lernen – ohne uns gegenseitig zu verbiegen. Und das ist es, was mich an meiner Arbeit so erfüllt: Menschen begleiten, die lernen und wachsen wollen. Auf ihre ganz eigene, manchmal chaotische, aber immer echte Art.
Wenn du das hier liest und denkst:„Vielleicht könnte sie auch mir helfen“ –dann buch dir einfach ein unverbindliches Erstgespräch. Lass uns herausfinden, was dein Weg ist.




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